
„Lange Schatten“
Originaltitel: A Rule Against Murder
Autorin: Louise Penny
455 Seiten / Taschenbuch
ISBN: 3311120124
Verlag: Kampa Verlag

Anlässlich ihres 35. Hochzeitstages wollte Chief Inspector Armand Gamache von der Sûreté du Québec mit seiner Frau Reine-Marie ein paar ruhige Tage in dem fast schon überirdisch schönen Manoir Bellechasse verbringen, einem Hotel am See inmitten der kanadischen Wildnis. Doch dann reisen die zerstrittenen Finneys an, um zu Ehren des kürzlich verstorbenen Familienpatriarchen eine Statue zu errichten, die allerdings nach der Zeremonie umkippt und eine der Töchter unter sich begräbt. Der Drahtzieher hinter dem Anschlag muss im abgelegenen Manoir Bellechasse wohnen. Gamache blickt hinter die Kulissen des Hotels und beginnt Fragen zu stellen. Nicht alle Angestellten haben eine weiße Weste, und auch den Mitgliedern der Familie Finney mangelt es nicht an Motiven: Das tote Familienoberhaupt hatte einige dunkle Geheimnisse, und zwischen den Hinterbliebenen herrschen Eifersucht und Neid.

Im vierten Gamache-Roman verlassen wir Three Pines für einen Kurzurlaub mit Armand und Reine-Marie. Kann ich nochmal betonen, wie wunderbar erfrischend es ist, einen Polizisten als Protagonisten zu haben, der ein funktionierendes Familienleben hat und dessen Frau emotional und intellektuell auf Augenhöhe ist? Ich LIEBE ES!
Aber, dieses Buch enthält soviel mehr. Familiendynamiken, die auf den ersten Blick leicht durchschaubar erscheinen und am Ende doch vielschichtiger sind, als die eigenen Vorurteile es erwarten lassen würden.
Und dann ist da noch Bean. Bean ist das Kind von Marianna Finney und durch das ganze Buch hinweg erfährt man nichts über das Geschlecht des Kindes. Ein Drahtseilakt, den Penny ganz hervorragend meistert. Denn nicht nur der Leser wundert sich, sondern alle Figuren auch. Nur Marianna weiß es. Und sie hält das Geschlecht ihres Kindes vor ihrer eigenen Familie geheim, weil sie ihrer Mutter eins auswischen will. Dabei ist Bean einfach nur ein glückliches Kind, intelligent und einzigartig.
Und der entspannte Kurzurlaub zum Hochzeitstag der Gamaches wird natürlich zum Mordfall, als die Statue auf die Tochter stürzt. Ich bewundere ja Louise Pennys Art, sich verrückte Todesfälle einfallen zu lassen. Wir erinnern uns an den Stromschlag mitten auf dem Eis während eines Curling Wettbewerbs in Band 2? Oder das zu Tode erschrockene Opfer in Band 3? Hier in Band 4 ist nämlich die große Frage, wie denn diese Statue von ihrem Sockel herunter auf das Opfer stürzen konnte. Spoiler: Die Antwort ist so genial!
Und auch wenn wir in diesem Band nicht im malerischen Three Pines sind, so müssen wir doch nicht gänzlich auf die Bewohner des Dörfchens verzichten. Peter und Clara Morrow sind nämlich mit von der Partie.
Neben den ziemlich gestörten Familienverhältnissen der Finneys, ist auch Gamaches Kindheit ein zentraler Punkt der Geschichte, wo wir viel mehr über seinen Vater und den Tod seiner Eltern erfahren.

„Lange Schatten“ ist mal wieder ein herrlicher Gamache-Roman, auch wenn es uns dieses Mal nicht nach Three Pines verschlägt.
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