„Es“
Originaltitel: It
Autor: Stephen King
1534 Seiten / Taschenbuch
ISBN: 345343577X
Verlag: Heyne

Das Böse in Gestalt eines namenlosen Grauens 
In Derry, Maine, schlummert das Böse in der Kanalisation: Alle 28 Jahre wacht es auf und muss fressen. Jetzt taucht »Es« wieder empor. Sieben Freunde entschließen sich, dem Grauen entgegenzutreten und ein Ende zu setzen. 

Stephen Kings Meisterwerk über die Mysterien der Kindheit und den Horror des Erwachsenseins. 

Wo fange ich an? Wo fange ich an? Ok, fangen wir damit an, dass ich eine Szene im Buch übersprungen habe, weil sie mich schon damals nervte. Die Kinder-Gang-Bang-Szene, als der Klub der Verlierer Es das erste Mal besiegt hatte. Scheiße, Herr King, was haben Sie sich dabei nur gedacht? Es soll das Ende der Kindheit symbolisieren aber fuck, ist diese Szene einfach nur schräg, creepy und völlig sinnlos.

Aber nun gut, das sollte mich nicht davon abhalten zu betonen, dass mir Es super gefallen hat. Offenbar gab es eine ungekürzte Version in deutscher Übersetzung erst 2011. Da ich das Buch irgendwann Mitte der 90er gelesen habe, war das damals wohl die gekürzte Version. Auch egal. Ich erinnerte mich beim Lesen nicht an viele Dinge. Ich könnte jetzt nicht sagen, welche Szenen in der gekürzten Version nicht vorhanden waren.

Trotzdem zog mich das Buch sofort in seinen Bann. Die 1534 Seiten habe ich regelrecht verschlungen. Dieses Buch ist soviel mehr als nur der Horror in allen Formen von Es. Es ist ein Buch über Freundschaft, über das Erwachsenwerden, über Momente der Kindheit, an die man sich als Erwachsener selten erinnert. Es ist ein Buch über eine Zeit, in der Gewalt in der Ehe und an den eigenen Kindern zum guten Ton zu gehören schien. Eine Zeit, in der Rassendiskriminierung noch offensichtlicher war als sie es heute ist.

Die Figuren sind voller Facetten und die Atmosphäre wechselt zwischen kindlicher Unbeschwertheit, kindlicher Leichtigkeit und düsteren Erfahrungen.

Der Stil hat mir ausgesprochen gut gefallen. Langsam folgen wir dem Klub der Verlierer von 1985 ins Jahr 1958. Wir sehen, wie sie als Erwachsene sind und welche Leben sie führen und folgen ihren langsam wiederkehrenden Erinnerungen an ihre Kindheit, während wir diesen Kindern in die Kanalisation von Derry folgen, wo sie Es bekämpfen wollen. Parallel zueinander erleben wir den Kampf der Kinder und den Kampf der Erwachsenen.

Hat das Buch seine Längen? Oh Gott, ja, die hat es. Aber diese Längen tragen dazu bei, Derry und seine Mitbewohner zum Leben zu erwecken. Die Hintergründe, die Geschichte, die persönlichen Entwicklungen. Wir erleben alle Facetten des Bösen, den übernatürlichen und auch den menschlichen Horror. Letzterer ist wesentlich erschreckender, weil er tatsächlich täglich überall passiert. Sei es nun Beverly Marshs Vater, der sie in seiner ‚Liebe‘ schwer verprügelt und misshandelt oder sei es Eddie Kaspraks Mutter, die ihren Sohn als krankes Kind überfürsorglich betüddelt und ihn dabei emotional und psychisch schwer manipuliert. Oder sei es auch nur Henry Bowers, der durch den Rassenhass seines Vaters so stark geprägt ist, dass diesen Hass in seiner Generation weitertreibt. Sein Hass auf Schwarze und Schwule ist so stark, dass er wahnsinnig wird. Wieviel hätte hier anders laufen können, hätte Henry Bowers liebevolle Eltern gehabt.

Und die fiktive Kleinstadt Derry steht noch für etwas: das Wegschauen. Das Ignorieren alltäglicher Ungerechtigkeiten. Das Ignorieren alltäglicher Gewalt und Diskriminierung. Damit ist es ein wahres Abzugbild unserer heutigen Gesellschaft und das sollte uns zu denken geben, wenn man sich anschaut, dass dieses Buch Mitte der 80er geschrieben wurde und über 30 Jahre später noch immer Bestand hat.

Es ist ein vielschichtiges Buch. Dank Es finde ich Clowns und Abflüsse im Waschbecken creepy . Dank Es kommt mir beim Haarewaschen im Waschbecken immer der Gedanke an Es, das mich an den Haaren packen und in die Kanalisation ziehen wird. Verrückt, nicht wahr? Es ist ein gutes Buch, ein krankes Buch, ein fesselndes Buch. Ein Buch, das man liebsten nie mehr anfassen und trotzdem unbedingt weiterlesen möchte. Einen Punkt muss ich einfach abziehen wg. dieser unsaglichen Gang-Bang-Szene. Aber abgesehen davon, klare Leseempfehlung.


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15 Kommentare zu „King, Stephen – Es

  1. Definitiv eins meiner liebsten, ja! Fünfmal mittlerweile gelesen und ich hab trotzdem immer noch Herzklopfen, wenn ichs im Regal stehen seh und abstaube… das 6. Mal kommt bestimmt auch noch!

    • Hach ja, total. Die Figuren sind einfach der Wahnsinn. Ich liebe Ben und Bev und Mike <3 Richie kann manchmal zwar ziemlich anstrengend sein, aber er ist cool. Und vor meinem inneren Auge habe ich auch immer den jungen Seth Green. hach. Noch ein Grund, warum ich die neue Verfilmung einfach grauenvoll finde.

        • ich fands ganz schlimm. Zum einen, weil sie Kings Erzählweise komplett auseinandergerissen hat – und seien wir ehrlich – wie Es aufgebaut ist vom Stil her ist absolut brillant – zum anderen, weil Bev Gedamselt wurde und gerettet werden musste UND weil Pennywise eher wie ein comic relief rüberkam statt ein Abbild von vielen zu sein, die Es übernehmen konnte.

          Witziger Fun Fact: Als ich damals Es das erste Mal gelesen habe und der Klub der Verlierer erkannt hat, dass Es eigentlich eine Sie ist, war ich lange davon überzeugt, dass Sie ein Nachfolgeband von Es ist xD Bis ich Sie dann gelesen habe xD

          • Ich seh schon, ich bin da viel zu unkritisch veranlagt. ^^ Ich sehe die ES-Verfilmung recht abgekapselt vom Buch, was mir bei der Dunklen Turm Verfilmung widerrum so gar nicht gelungen ist.

            Hahahahaha, stark! 😀

          • Herr Schnute schwankt auch, was die Verfilmung des dunklen Turms angeht. Er traut sich gar nicht erst, sie anzuschauen. Er liebt die Reihe auch total. Und nachdem er ja mit Begeisterung so alles liest, über das ich total begeistert plappere, bin ich es ihm irgendwie auch schuldig, der Reihe eine faire Chance zu geben. Bisher Band 1 erinnerte mich an nen schief gegangenen LSD-Trip nachdem man im Gras auf dem Rücken liegend aufwacht und sich denkt, WTF? xD Ich bin jedenfalls sehr gespannt und mittlerweile freue ich mich auch auf die Reihe. Noch 3 Bücher, dann ist es soweit. Ende Juni will ich fertig sein.

          • Ich bewundere wirklich deine Schnelligkeit – ich wäre nie so flott unterwegs 😀 Ich finds lustig, wie viele den ersten band irgendwie merkwürdig finden, ich hab ihn schon so so oft gelesen, dass ich daran rein gar nichts mehr merkwürdig finden kann. Er gehört dazu, er öffnet und schließt die Geschichte. Und er ist abgefahren, ohja, sage meinen Dank. 😀

          • Herr Schnute sagt das auch. Er zitiert mit Begeisterung den ersten Satz und behauptet felsenfest, dass es der genialste erste Satz eines Buches ist. Damit hat er schon irgendwie Recht.

            Ich hoffe, dadurch dass King den Dunklen Turm und auch die Thematik mit anderen Welten in einigen seiner Werke hat einfließen lassen, bekomme ich einen besseren Zugang zu der Reihe. Der Talisman und Das Schwarze Haus spielen ja eigentlich in einer ähnlichen Welt wie Mittwelt. Und beide Romane haben mir echt gut gefallen.

            Ich bin nur schnell, weil ich endlich fertig werden will. Hätte nie gedacht, dass ich bald
            2 Jahre dafür brauche xD

          • Da hat er vollkommen recht – die wahre Bedeutung erschließt sich natürlich erst im Nachhinein. Aber dann…! 😀

            Ich hoffe wirklich, dass es dir gefallen wird ♥

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