„Frontal“
Originaltitel: Head On
Autor: John Scalzi
368 Seiten / eBook
EAN: 9783104905495
Verlag: Fischer TOR
[Werbung, da Rezensionsexemplar]

Kennen Sie Hilketa? Bei dieser Sportart gehen die Spieler mit Schwertern und Hämmern aufeinander los. Das Hauptziel des Spiels: Erbeute den Kopf deines Gegners und befördere ihn durch die Torpfosten. Für gewöhnliche Menschen wäre ein solcher Sport unmöglich. Aber alle Spieler sind »Threeps«, roboterartige Körper, die ferngesteuert werden. Alles ist erlaubt. Bis ein Starathlet, der einen solchen Threep steuert, während eines Spiels zu Tode kommt. Ist es ein Unfall oder Mord? Die beiden FBI-Agenten Chris Shane und Leslie Vann werden zu Hilfe gerufen, um die Wahrheit aufzudecken. Bald verschlägt es sie auf die dunkle Seite des Erfolgssports Hilketa, bei dem Vermögen gemacht und verloren werden und bei dem Spieler wie Macher alles tun, um zu gewinnen – auf dem Feld und außerhalb. 

Den ersten Band Das Syndrom hatte ich damals in Englisch unter dem Titel Lock In gelesen. Was mir daran gut gefiel, war die Tatsache, dass Scalzi seine Hauptfigur Chris Shane bewusst keine geschlechtliche Zuordnung gab und es damit dem Leser selbst überließ, ob Chris nun ein Mann oder eine Frau ist. Für mich war Chris eine Frau. Eine farbige Frau noch dazu. Die deutsche Übersetzung habe ich nicht gelesen gehabt, hatte mich aber sehr gefreut, als mit Frontal (Head On) ein zweiter Teil angekündigt wurde.

Erneut folgen wir Chris Shane und ihrer Kollegin Leslie Vann durch eine Welt voller Hadens und Nicht-Hadens. Beide ermitteln zum Tod eines Hilketa-Spielers namens Duane Chapman, der während eines Spiels ums Leben kam. Es wird schnell klar, dass hier weitaus mehr dahintersteckt und der gesamte Fall ist sehr clever aufgebaut, so dass ich als Leserin gedanklich einige Male in einer Sackgasse landete.

Chris und Vann sind von ihren Persönlichkeiten her sehr unterschiedlich. Vann raucht und bezieht meistens die Position des bösen Cops. Dabei mag ich sie sehr gern, weil sie so unangepasst ist. Ihre Bullshit-Toleranzgrenze ist extrem niedrig und das lässt sie die Welt auch wissen. Ich mag es, dass sie sich nicht für andere verbiegt. Chris ist da wesentlich diplomatischer, dabei aber genauso schlagfertig und schlau.

Ich mag beide Figuren total. Und bei Chris kommen wir damit zum Problem der deutschen Übersetzung. Scalzi schrieb letztes Jahr einen Beitrag dazu, warum er bewusst versucht hat, eine Figur zu schreiben, deren Geschlecht er selbst nicht kennt. Es bleibt dem Leser selbst überlassen, beim Lesen Chris ein Geschlecht zuzuordnen. Im englischen Original macht Scalzi das außerdem absolut meisterhaft. In der deutschen Übersetzung wird Chris kurzerhand als männliche Figur gehandelt. Das wird daraus ersichtlich, dass er „der Kollege“ ist, nicht „die Kollegin“ bzw. es auch absolut keine neutralen Sprachverwendung gibt, die Scalzis Schreiben sauber ins Deutsche überträgt. Das ist etwas schade, denn es macht dieses Buch wie seinen Vorgänger eigentlich zu einem absoluten Vergnügen, weil jeder Leser Chris anders sieht. Im deutschen gibt’s Chris Shane nur als Mann. Und das hat mich an Frontal etwas gestört. Vielleicht macht sich ja irgendwann nochmal ein/e Übersetzer/in die Mühe, das Werk unter Berücksichtigung diesen Aspekts neu in unsere Sprache zu übertragen.

Frontal ist genauso unterhaltsam und spannend wie sein Vorgänger und dürfte seine LeserInnen begeistern. Wer Wert auf Scalzis Versuch legt, Chris weiterhin kein vordefiniertes Geschlecht zu verpassen, der/die sollte allerdings doch besser zur englischen Originalversion greifen. Für beides eine klare Leseempfehlung.

Anmerkung: Da es sich bei diesem Buch um ein zur Verfügung gestelltes Rezensionsexemplar handelt, muss ich diesen Beitrag als Werbung kennzeichnen. Ich möchte allerdings versichern, dass die verfasste Rezension meine ehrliche Meinung wiedergibt und nicht von der Tatsache, dass es sich um ein Rezensionsexemplar handelt, beeinflusst wurde. Denn ganz ehrlich, Rezensionen hätten keinen Sinn, wenn sie nicht ehrlich wären. Ich bedanke mich beim Fischer TOR Verlag für das Rezensionsexemplar.

2 Kommentare zu „Scalzi, John – Frontal

  1. Eine tolle Rezension, die auf jeden Fall neugierig macht. Ich finde es überaus spannend, dass der Autor der Figur kein definiertes Geschlecht gibt! 😀 Ist mal was anderes!

    • absolut. Als ich damals den ersten BAnd gelesen hatte, war mir das nicht bewusst. Es fiel mir zwar auf, als mich jemand fragte, dass ich das Geschlecht von Chris nicht eindeutig benennen konnte, sie für mich aber eine Frau ist. Erst als ich Scalzis Artikel dazu entdeckte, ging mir in der Tat ein Licht auf. Aber leider funktioniert es im Deutschen nicht so gut wie im Englischen, was ich extrem schade finde.

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