„Der Name der Rose“
Autor: Umberto Eco
682 Seiten / gebundene Ausgabe
ISBN: 3937793011
Verlag: Süddeutsche Zeitung Bibliothek
Der Name der Rose, einer der größten literarischen Erfolge der letzten Jahrzehnte, ist zugleich historischer Roman, heimtückische Kriminalgeschichte und ein unterhaltsames Gelächter über die Schlechtigkeit der Welt. Im Jahre 1327 kommt Bruder William von Baskerville in eine Abtei im Apennin, um ein Treffen zwischen den ketzerischen Minoriten und Abgesandten des Papstes zu organisieren. Er und sein Gehilfe werden jedoch bald mit allerlei wunderlichen Ereignissen konfrontiert; mehrere Mönche kommen auf befremdliche Art ums Leben. William untersucht geheime Schriften, findet ein gespenstisches Labyrinth und schließlich den Mörder – jedoch zu spät, um die Abtei zu retten. Ecos Welterfolg wurde 1986 verfilmt.
Das Wissenstagebuch veranstaltete im April eine Leserunde zu Umberto Ecos Der Name der Rose. Sehr gern habe ich dabei mitgemacht, denn das Buch habe ich vor vielen, vielen Jahren einmal gelesen nachdem ich den Film gesehen hatte. Beides ist allerdings schon so lange her, dass ich mich nicht mal mehr erinnern konnte, wer der Mörder war, auch wenn ich die Mordwaffe nie vergessen habe. Vorab möchte ich sagen, dass ich das Buch wahnsinnig genial fand. Umberto Eco war Medienwissenschaftler, Philosoph und einer der bekanntesten Semiotiker unserer Zeit. Alle drei Aspekte schlagen sich stark in diesem Buch nieder und machen es zu einem absolut genialen Lese-Erlebnis. Ich habe die Ausgabe der Süddeutschen Zeitung Bibliothek gelesen, die Gott sei Dank im Anhang die Übersetzung zu den lateinischen Unterhaltungen enthielt, denn ohne wäre ich absolut aufgeschmissen gewesen.
Die beiden Hauptfiguren sind der junge Novize Adson von Melk und sein Meister Bruder William von Baskerville. Interessant bei beiden Figuren ist, dass die Beschreibung von Williams Erscheinung stark an Sherlock Holmes erinnert. So ist die Beschreibung seines Äußeren fast ein wort-wörtliches Zitat von Arthur Conan Doyles Beschreibung von Sherlock Holmes. Passend dazu erinnert der Name Adson an Watson und es passiert mehr als einmal, dass William einen Satz mit ‚Mein lieber Adson‘ beginnt. Das hier wiedergegebene habe ich übrigens gegoogelt, weil ich mich von Anfang an stark an Holmes und Watson erinnert gefühlt habe und ich war umso überraschter, dass Eco seine Figuren tatsächlich an das bekannte Detektivduo angelehnt hat.
Beide kommen also in das namentlich nicht weiter benannte Kloster an den Hängen des Apennin. Dabei sind die geschichtlichen Hintergründe für den eigentlichen Krimi echte historische Ereignisse und fast alle handelnden Figuren haben in der Vergangenheit tatsächlich gelebt. Das fand ich einfach absolut überwältigend.
Aber kommen wir mal zu den Fragen, die das Wissenstagebuch im Rahmen der Leserunde stellte:
Könnt ihr ähnliche Bücher, in denen sich die Rätsel durch das Lesen und Forschen in Bibliotheken lüften, empfehlen?
Ich musste hier echt arg lang überlegen, aber so richtig ist mir partout nichts eingefallen. Ich kenne zwar Bücher, in denen Bibliotheken eine Rolle spielen, aber nicht annäherend in dem Maße, wie in diesem Roman.
Wie alt schätzt ihr ihn (Adson)?
Das ist echt sehr schwer zu sagen. Ich würd ihn auf 16 schätzen, weil ich denke, dass Jungen zu der Zeit bereits sehr früh ins Kloster gegeben wurden. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass erst im 16. Jahrhundert Kinder mindestens 16 Jahre alt sein mussten, um ins Kloster zu gehen.
Welche Sympathien genießt William bei euch?
Ich mag William. Anfangs kommt er sehr herablassend und intellektuell daher, aber seine rationale Art, seine Fähigkeit logische Schlüsse zu ziehen und seine Diplomatie empfand ich einfach sehr angenehm. Abgesehen davon war er früher mal ein Inquisitor, bis er das Vorgehen mancher seiner Kollegen nicht mehr mit seinem Gewissen und seinem Verständnis der Inquisition vereinbaren konnte, und deswegen das Amt niederlegte.
Wie erlebt ihr das? Stört euch die ständige Bezugnahme auf heute weithin unbekannte Autoren, Werke und Begebenheiten? Schaut ihr jedes Mal nach, was Eco meint oder lest ihr eher großzügig darüber hinweg?
Nein, es stört mich nicht mal ansatzweise. Ich denke, ein Grund, warum man für das Buch so lang braucht ist, dass man ständig irgendwas googelt. Ich zumindest habe das getan und fand es absolut interessant. Besonders fasziniert war ich davon, dass Michael von Cesena hier in München beigesetzt wurde nach seinem Tod. Und dass Bernard Gui viele Schriften veröffentlicht hat. Ich finde sowas absolut gigantisch. Sowas beeindruckt mich und der Gedanke, wieviel Recherche in diesem Roman steckt, ist einfach überwältigend.
Erschreckt euch der Mord oder seid ihr das in der Zeit der skandinavischen Thriller schon lange gewohnt?
Gewohnt würde ich nicht sagen, erschreckend allerdings auch nicht. Die Zusammenhänge zwischen den Morden finde ich spannend, das wer, warum und wie. Plus halt, wer denn nun der Drahtzieher von allem war.
Wie verteilen sich eure Sympathien und habt ihr auch hin und wieder (noch) Probleme, die einzelnen Mönche aufgrund ihrer heute ungewöhnlichen Namen auseinander zu halten?
Am unsympathischsten waren mir die Extremisten. Also Jorge mit seiner Ablehnung jeglichen Gelächters. Oder auch Ubertin, der in meinen Augen äußerst extrem die Armutstheorie vertrat und leider auch irgendwie creepy rüberkam mit seinen Schilderungen der Perversitäten, deren Zeuge er gewesen sein soll. Ich empfand ihn als eine Figur, die eine Seite predigt, aber insgeheim die andere anhimmelt, wenn Ihr wisst, was ich meine.
Begeistert euch Ecos gelehrter Erzählstil oder rollt ihr schon entnervt mit den Augen?
Mit den Augen rollte ich eigentlich nur dann, wenn mal wieder eine Litanei extremer Ansichten kam (siehe vorherige Frage). Die Diskussionen allerdings empfand ich als absolut interessant. Ecos Erzählstil fand ich einfach nur anregend.
Haltet ihr die Kriminalgeschichte für den Kern des Romans, oder findet ihr auch, dass die Gespräche am meisten Raum einnehmen?
Das ist eine gute Frage. Meiner Meinung nach hat Eco das sehr geschickt gemacht und die Krimi-Elemente so dosiert, dass man am Ball bleibt. So war es bis zu Ende nicht ganz klar (zumindest für mich nicht), wer denn nun dahintersteckt. Ungeduldige Leser werden hier wahrscheinlich geneigt sein, die Passagen dazwischen zu überspringen überfliegen. Beides hält sich aber meiner Meinung nach gut die Waage, allerdings stehe ich ja total auf geschichtliche Hintergründe und dergleichen.
Kommt ihr gut mit den Dialogen zurecht, oder findet ihr auch, dass sich hier die eine oder andere Länge eingeschlichen hat?
Ich persönlich empfand es nicht als langatmig oder so. Mir hats einfach nur gut gefallen. Vor allem mit welcher Intelligenz und welcher Eloquenz diese Diskussionen geführt wurden. Hammer.
Empfandet ihr das Verhalten des alten Ubertins Adson gegenüber auch als ein wenig übergriffig?
Ja, Ubertin war schon ein komischer Kauz. Allgemein empfand ich ihn als Lüstling, der seine Hände nicht im Zaum halten konnte. Für mich war er so typisch ‚Armut und Enthaltsamkeit predigen aber hintenrum das genaue Gegenteil leben‘.
Und was haltet ihr von der Geschichte um Fra Dolcino und seine Anhänger?
Hm, Docino und seine Dolcinianer haben bei mir keinen guten Eindruck hinterlassen. Aber das tun Extremisten bei mir niemals. Ihren Glauben empfand ich nicht als schlimm, nur die Umsetzung und die Greueltaten hätten absolut nicht sein müssen.
Haltet ihr Salvatore für „geläutert“ oder für einen reinen Opportunisten?
Salvatore empfand ich einfach nur schwer einzuschätzen. Zum einen wegen seines gesprochenen Kauderwelschs, zum anderen weil ich eigentlich die meisten Menschen für reine Opportunisten halte, die ihr Fähnchen immer nach dem Wind drehen und sich da einfügen, wo sie sich grad sicher fühlen. Müsste ich mich hier entscheiden, würde ich wohl dazu tendieren, ihn als letzteres zu kategorisieren.
Für mich war die Leserunde eine tolle Gelegenheit, diesen Roman mal wieder zur Hand zu nehmen. Direkt nach dem Urlaub haben der Lieblingsmensch und ich auch gleich noch den Film zusammen geschaut, wobei der Film im direkten Vergleich zum Buch einfach mal so ganz und gar nicht mithalten kann. Damals fand ich den Film toll, aber dieses Mal fand ich ihn nur nervig und oberflächlich mit stereotyper Besetzung. Versteht mich nicht falsch, Ron Pearlman ist brilliant als Salvatore, aber leider wird Salvatore wie ein minderbemittelter Quasimodo dargestellt. Fand ich nicht so dolle. Sollte mir das allerdings noch mal in Englisch anschauen, weil Sean Connery ja im Original so einen netten Sprachfehler hat. Egal….das Buch war toll und ich komme eigentlich nicht umhin, es jedem zu empfehlen, der es noch nicht gelesen hat. Ja, es ist extrem anspruchsvoll, sowohl sprachlich als auch inhaltlich, aber man sagt ja immer, dass Lesen bildet und dieses Buch ist da an vorderster Front mit dabei. Wichtig ist allemal funktionierendes Internet zur Hand zu haben, denn man wird dem Googeln wohl kaum widerstehen können.
Wem „Der Name der Rose“ gefällt, dem kann man auch „Das Foucaultsche Pendel“ empfehlen. Ich fand‘ das noch einen Tick besser.
Tolle Rezension. Ecos Schreibstil war wirklich toll. Ich wünschte mir beim Lesen öfters, ich könnte italienisch.
Ich kannte vor dem Lesen nur den Film, wobei ich mich nur noch ganz schlecht an den erinnern konnte und auch nicht mehr wusste, wer der Mörder war.
Ich stimme dir zu, dass man beim Lesen Google braucht. Meine Ausgabe enthielt keine Übersetzungen der lateinischen Phrasen und ich habe die ständig gegoogelt. Allerdings funktionierte das nur bei kürzeren Passagen.
Mich erinnerten Adson und William auch ein bisschen an Sherlock Holmes und Dr. Watson, aber ich habe die Bücher dazu nie gelesen.
Was Fra Dolfino angeht, so war er mir auch nicht sympathisch, aber ich vermute, dass die anderen Mönche bei seinen Taten möglicherweise stark übertrieben, um ihn als Ketzer so schlimm wie möglich darzustellen
Dass es Ausgaben ohne Übersetzungen im Anhang gibt, war mir gar nicht bewusst. Das hatte ich erst mitbekommen, als ich Deinen einen Beitrag gelesen hatte. Und da war ich schon überrascht. Ohne diese Übersetzungen sind besonders die längeren Passagen echt krass, es sei denn man kann Latein, was ich nicht kann xD
hinsichtlich der schlimmen Taten stimme ich Dir zu. Ich glaube in der Tat, dass hier vieles übertrieben wurde, um ihn schlimmer aussehen zu lassen. Andererseits war da aber auch Remigios Aussage vor der Inqusition, die sich schon recht glaubhaft anhörte. So oder so fand ich die Taten schrecklich. Töten im Namen des Glaubens ist niemals richtig.