„Carrie“
Originaltitel: Carrie
Autor: Stephen King
253 Seiten / Taschenbuch
ISBN: 1416524304
Verlag: Bastei Lübbe


Als Dreijährige läßt sie einen Steinregen auf ihr Elternhaus niederregnen, weil die Mutter ihr in einem Anfall religiösen Wahns nach dem Leben trachtet.

Als Sechzehnjährige muß sie einen Augenblick tiefster Demütigung erleben. Schon immer von ihren Mitschülerinnen wegen ihrer scheuen, zurückhaltenden Art gehänselt, wird sie auf dem Abschlußball der Schule Opfer eines bösen Streichs. Schmerz, Enttäuschung, Wut, treiben sie zum Äußersten: Mit der schieren Kraft ihres Willens entfesselt sie ein Inferno, gegen das die Hölle ein lieblicher Garten Eden ist.

Das ist Carrie – beseelt, besessen von einer unheimlichen Gabe mit ungeheurer Tragweite und furchtbaren Folgen…

‚Carrie‘ war der Roman, der Stephen King berühmt gemacht hat. An die Verfilmung mit Sissy Spacek erinnere ich mich noch sehr gut. Das Buch selbst ist eigentlich sehr schnell gelesen. Zeitungsartikel, Buchausschnitte, Polizeiberichte und Gerichtsprotokolle ergänzen die Erzählung über Carietta – kurz Carrie – White, die von ihren religiös-fanatischen Mutter allein großgezogen wird und mit 16 Jahren in der Schule unter der Dusche ihre erste Periode bekommt. Geschockt, weil sie nicht darüber aufgeklärt wurde, und panisch wird sie von ihren Klassenkameradinnen gehänselt, ausgelacht und erniedrigt. Doch auch daheim findet sie keine Unterstützung und wird von ihrer Mutter beschimpft und misshandelt. Zur Strafe für ihre ‚Sünde‘, denn nur Frauen, die gesündigt haben, werden mit der Blutung bestraft, wird sie in die Besenkammer gesperrt.

Einzig die Sportlehrerin setzt sich dafür ein, dass die schuldigen Mädchen, die Carrie so gedemütigt haben, bestraft werden. Eines der Mädchen, Chris Hargensen schwört jedoch ihren persönlichen Rachefeldzug. Chris ist dabei das typische Beispiel für eine verwöhnte junge Frau, die von ihren Eltern alles bekommt, was sie möchte und sich nie den ernsthaften Konsequenzen ihres Handels gegenüberstellen muss. Sue Snell, die ebenfalls mitgelacht und gehänselt hat, wird jedoch von ihrem schlechten Gewissen geplagt. Sie ist erschrocken über ihr eigenes Verhalten und will es wieder gut machen. Das muss man ihr wirklich zu Gute halten. Sie überredet ihren Freund dazu, Carrie zum Frühlingsball einzuladen, was er auch tut.

Carrie ist sich indes aber ihrer telekinetischen Kräfte bewusst geworden und widersetzt sich dem Willen ihrer Mutter immer mehr. Auch gegen Mutter White’s Willen sagt sie zum Frühlingsball zu. Und damit nimmt das Unglück seinen Lauf.

Chris und ihr Freund suchen nach einer Möglichkeit, Carrie nochmals zu erniedrige und es ihr heimzuzahlen. Sue bleibt daheim und hoffe, dass Carrie einen tollen Abend hat. Carries Mutter verliert sich in ihrem Fanatismus. Und Carrie geht mit gemischten Gefühlen zum Ball, weil sie nicht erwartet, dass es ihr anders ergehen wird, als an anderen Tagen, auch wenn sie es insgeheim hofft, dass sich die Dinge von nun ab ändern werden.

Das Buch zeigt sehr deutlich, wie grausam (junge) Menschen sein können. Das ist eine Thematik, die King in vielen seiner späteren Romane immer wieder aufgegriffen hat und auch heute, über 40 Jahre später ist es immer noch brandaktuell. Dass zu den seelischen Grausamkeiten der Jugendlichen in den dem Buch auch noch der Fanatismus der Mutter dazu kommt, mach es umso schlimmer. Carrie kennt keinen sicheren Hafen. Sie weiß nicht, was Vertrauen bedeutet. Und deswegen bangt man umso mehr mit, dass Carrie doch einfach nur einen schönen Abend hat. Dass Carrie danach Freunde findet und ein Leben führen kann, in dem Vertrauen, Freundschaft und Respekt eine Rolle spielen. Man weiß in gewisser Weise, was passieren wird. Man fragt sich, was wäre gewesen, wenn keiner gelacht hätte? Dass Carrie am Ende einfach nur noch einen Kurzschluss hat und sich all ihre angestaute Wut und Verzweiflung in einem Akt der Zerstörung entladen, ja, es ist verständlich, und es fällt etwas schwer zu denken, dass die anderen es doch nicht anders verdient hatten.

Es ist ein erschreckendes Buch. Es ist ein trauriges Buch. Es ist ein bedrückendes Buch. Noch erschreckender wird es, wenn einem bewusst wird, dass auch heute 40 Jahre später junge Menschen solche seelischen Grausamkeiten begehen. Auch, dass es immer noch junge Menschen gibt, die aus dem Leid dieser Grausamkeiten heraus nur den einen Weg der ‚Rache‘ sehen. Wenn sich in 40 Jahren nichts geändert  hat, was wird dann in weiteren 40 Jahren sein? Wird ‚Carrie‘ dann immer noch so eine Aktualität besitzen? Ganz unabhängig von der telekinetischen Fähigkeit….der Schrecken hier kommt nicht vom Übernatürlichen sondern vom Menschlichen. Und irgendwie wünscht man sich, dass dieser Schrecken irgendwann ausstirbt, weil der Mensch dazu lernt. Mal sehen, wie es in 40 Jahren sein wird. ‚Carrie‘ ist definitiv lesenwert und regt sehr zu denken an.

 


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7 Kommentare zu „King, Stephen – Carrie

  1. Ich habe das Buch leider nicht gelesen, aber offenbar scheint es mit dem Film zumindest inhaltlich mehr oder minder überinzustimmen (?). Aber beide Verfilmungen kenne ich und auch daran kann man die Frage „ist ‚Carrie‘ noch aktuell und wird es das in weitere 40 Jahren noch sein?“ sehr gut beantworten. Leider ja.
    Einige Dinge ändern sich eben doch nicht und bei „Carrie“ haben wir sogar den, nun ja, „Vortei“, dass es geradezu zeitlos ist. Mobbing in der Schule und ein zu Hause, welches dem armen Mädchen nichts bietet, wo sie keine Unterstützung bekommt.

    Besonders gepackt hat es mich, dass Carrie ja gelernt hat, sich trotzdem nicht unterkriegen zu lassen und behauptete sich an einer Stelle auch gegen ihrer Mutter (gemeint ist die Szene [kann jetzt nur vom Film sprechen], in der Carrie ihrer Mutter klar macht, dass ihre Brüste eben genau das sind und ganz natürlich usw., ihre Mutter das aber in ihrem falschen religiösen Wahn in einem ganz anderen Licht sieht). Carrie hat es wirklich versucht, aber ganz alleine gelassen, fand sie letztlich nur den Weg der Rache.

    • Es gibt leider doch einige Unterschiede. Zum einen, dass im Film nur ein Eimer Blut runterfällt. Dann dass Carrie im Film anwesend ist als sie die Menschen in der Turnhalle tötet. im Roman rennt sie erst raus und beschließt dann sich zu rächen. Sue ist beim Ball nicht anwesend im Roman und im Roman findet sie die sterbende Carrie und hört ihre letzten Gedanken.
      Das Buch ist jedenfalls sehr intensiv. Ich habe bei der Verfilmung immer das Gefühl gehabt, dass Carrie als Monster dargestellt wird. Im Roman kommt es meiner Meinung nach sehr viel stärker rüber, dass sie über ihr ganzes Leben hinweg dahin getrieben wird. Aber das kann auch mein subjektives Empfinden sein. Der Film ist schon länger her, die Erinnerung jetzt ans Buch sehr viel aktueller.

      • Oh, doch mehr als gedacht. Aber ich habe es nie so empfunden, dass Carrie im Film wie ein Monster dargestellt wird. Sie war für mich immer ein Charakter mit viel Persönlichkeit und vielleicht kann man am Ende von ihr behaupten, sie sei eine Art Monster – immerhin bringt sie alle um. Aber auch da wäre ich anderer Meinung.

        Aber ich gebe dir Recht, dass es im Buch sicherlich intensiver rüberkommt. Das hat man sehr oft, finde ich. Mein Beispiel ist dabei für mich immer „Hannibal Rising“ Buch VS Film. Dort ist der Film auch viel flachgründig (gibt es das Wort überhaupt?^^).

  2. Ich habe den Film gesehen, beeindruckend. Ich konnte ihre Reaktion gut verstehen.

    Ich fürchte leider, dass es immer Arschlöcher geben wird … und so lange sie nicht zurechtgewiesen werden wird sich das auch nicht ändern.

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