Freitag ist Perlentauchen-Zeit und heute schaffe ich es endlich mal wieder, einen Perlentauchen-Beitrag zu schreiben. Perlentauchen ist eine Aktion von Gabriela von Buchperlenblog. Ziel ist es, Bücher vorzustellen, die nicht mehr ganz so neu sind.
Bei mir geht es heute um ein Buch, das ich vor ca. 5 oder 6 Jahren im Original gelesen habe, und das für mich zu den besten dystopischen Romanen der letzten 10 Jahre gehört: „Silo“ von Hugh Howey.
Worum geht’s?
Die Erde ist unbewohnbar geworden. Seit Generationen leben die Menschen in unterirdischen Silos. Als Sheriff Holston sich nach dem Tod seiner Frau entschließt, zum ersten Mal das Silo zu verlassen, setzt er eine dramatische Kette von Ereignissen in Gang, die das Schicksal der Menschheit endgültig besiegeln könnten … Mit seinen klaustrophobischen Endzeitromanen »Silo«, »Level« und »Exit« schuf Hugh Howey eine spannende wie düstere Science-Fiction-Trilogie, die bereits heute Kult ist. Nun liegt die komplette Bestsellersaga erstmals in einem Band vor – ein Muss für jeden Fan des Genres. (Inhaltsangabe auf der Seite des Piper-Verlags)
Meinung
Bei den unterirdischen Silos, die Hugh Howey hier beschreibt, handelt es sich um riesige Bunker, die extrem tief in die Erde reinreichen. Wenn ich mich recht erinnere, waren es um die 160 Etagen. Diese Größe kann man sich beim Lesen kaum bewusst machen. Der Aufbau der Silos ist sehr praxisorientiert. Oben gibts eine Kantine mit Ausblick, wobei es sich dabei nicht um Fenster sondern um Bildschirme handelt. Der Blick nach draußen wird von einer Kameralinse eingefangen. Weiter unten gibt es Kindergärten, Schulen, Krankenstationen, Farm-Stationen, auf denen gleichzeitig auch die Toten ‚verwertet‘ werden, dann gibts die IT, die alles am Laufen hält organisatorisch und es gibt die Mechanik, die ganz unten sitzen und dafür sorgen, dass im Silo kein Wasser eindringt usw. Ein in sich geschlossenes eigenes Ökosystem von gigantischer Größe, in dem es keine nachwachsenden Ressourcen gibt und alles in irgendeiner Form wiederverwertet werden muss. Wenn man hört, dass es ein dystopischer Roman ist, denkt man ja meistens gleich erstmal daran, dass es zum einen ein apokalyptisches Ereignis gegeben haben muss (hat es) und zum anderen ein totalitäres Regime, in diesem Fall ist das die IT. Über ‚draußen‘ wird nicht geredet. Und wer das tut, wird bestraft. Auch andere Dinge werden bestraft. Die Strafe besteht darin, aus dem Silo verbannt zu werden, das heißt, das Silo verlassen zu müssen. Eingepackt in einen Schutzanzug um einen kurzzeitigen Schutz vor den unwirtlichen Bedingungen der Welt ‚draußen‘ zu haben bevor ‚draußen‘ siegt und das Leben fordert. Als letzte Tat vor ihrem Tod werden die Verbannten dazu angehalten, die Kameralinse zu säubern, damit die Menschen im Silo auch weiterhin einen sauberen Ausblick haben. Jeder sagt, er wird es nicht tun, aber getan wird es dann trotzdem. Für die Reinigung wird ein kleines Stück Wolle verwendet, das zumindest ein Grund für den Originaltitel ‚Wool‘ ist. Der andere Grund liegt im englischen Ausspruch „to pull the wool over someone’s eyes“ (die Wolle über die Augen ziehen = jemanden blenden, (be)trügen, belügen), was sich im Laufe der Geschichte ganz gut herauskristallisiert, denn als Leser überlegt man lange und ist hin- und hergerissen zwischen dem was man (durch die Augen der Figuren) sieht und was man glaubt zu wissen. In der Hinsicht ist es etwas schade, dass der deutsche Titel das nicht wiedergeben kann.
Wir folgen also den Events in einem der Silos und alles beginnt mit Sheriff Holsten. Holstens Frau war die letzte, die zum reinigen geschickt wurde und seitdem ist für ihn nichts mehr, wie es war. Zum einen kommt er über den Verlust nicht hinweg, zum anderen werden seine Erinnerungen an sie dominiert von ihrem geheimen Verdacht über ‚draußen‘ und was im Silo wirklich vorgeht. Ich möchte hier gar nicht zuviel verraten, denn ein großer Teil des Lesevergnügens ist wirklich, dass man selbst mit raten muss, selbst spekuliert, selbst hofft und bangt und mitfühlt. Es ist wirklich ein gigantisches Buch, das ich damals fast regelrecht verschlungen habe. Die einzelnen Teile zumindest, bevor alles zusammen veröffentlicht war. Howey gelingt es hier eine Welt zu schaffen, die in sich plausibel ist und den Leser mit Spannung und Gefühl bis zur letzten Seite bei Atem hält. Die Figuren sind wunderbar geschrieben, selbst die ‚Antagonisten‘ denn in der Welt des Silos ist nichts einfach nur schwarz und weiß. Er führt den Leser in eine Welt streng begrenzter Ressourcen und präsentiert Figuren mit allen Stärken und Schwächen und Moralvorstellungen und zeigt auch die Auswirkungen auf die Psyche der Menschen.
Fazit
Howey hat damals selbst publiziert. Er war (wenn ich mich recht erinnere), einer der ersten Autoren im Selfpub-Bereich, der wirklich großen und vor allem internationalen Erfolg hatte. Mittlerweile wurden wohl auch die Filmrechte verkauft und sollte es ‚Silo‘ jemals auf eine Kinoleinwand schaffen, werde ich wohl nicht umhin können, es mir anzuschauen. Das Buch ist jedenfalls ein wahrer Leckerbissen für Fans der Dystopie und kann absolut mit den internationalen Werken in diesem Genre mithalten. Definitiv empfehlenswert und meine Perlentauchenperle für den heutigen Freitag.
Das Buch schlummert (auf deutsch) noch auf meinem SuB…Schande über mein Haupt. 😉