„Der Hut des Präsidenten“
Originaltitel: Le chapeau de Mitterand
Autor: Antoine Laurain
238 Seiten / Taschenbuch
ISBN: 3426517469
Verlag: Knaur

Wieder so ein Buch, das mich einfach überrascht hat. Im Rahmen eines Lesetreffens am Ende des Monats wurde es rausgesucht und ich dachte mal, bevor ich den nächsten Stephen King anfange, lese ich erstmal das hier. Es ist kein Buch, das ich mir sonst einfach so rausgesucht hätte. Es gehört nicht zu meinen Lieblingsgenre und überhaupt wäre es wahrscheinlich gänzlich an mir vorbeigegangen. Wie gut, dass einem Leseclubs, Leserunden und dergleichen, die Möglichkeit geben, aus seinen eingefahrenen Gewohnheiten auszubrechen. Und bei diesem Buch war ich noch sehr viel froher darum.

Es ist nicht einfach irgendein Hut, der dem schüchternen Buchhalter Daniel endlich das Selbstvertrauen gibt zu zeigen, was er wirklich kann: Die Kopfbedeckung aus schwarzem Filz hat zuvor das Haupt von François Mitterrand geziert. Und nicht nur auf Daniels Kopf entfaltet der Hut des Präsidenten seine ganz besondere Wirkung – er verleiht einer jungen Frau den Mut, ihren verheirateten Geliebten zu verlassen, und inspiriert einen blockierten Parfumeur zu einer einzigartigen Kreation. Ganz ohne Zauberkraft und mit typisch französischer Leichtigkeit erzählt, verändert der Hut das Leben seiner Träger. Und ein bisschen auch das der Leser.

Mit seinen 240 Seiten ist das Buch nicht sehr lang. Und tatsächlich hab ich es in einem Rutsch durchgelesen. Es ist aber auch einfach bezaubernd erzählt. So menschlich, so schön. Als jemand, der sein Leben lang mit schlechtem Selbstwertgefühl zu kämpfen hat(te) und immer noch Tage hat, an denen ein „Nein, so nicht“ höher und breiter als die Chinesische Mauer erscheint, fand ich mich in allen 3 Figuren wieder. In dem schüchternen Daniel, in der liebestechnisch gestrandeten Fanny und im in Depressionen versunkenen Pierre. Einzig mit Bernard hatte ich nicht sehr viel gemein, aber auch sein Erlebnis mit dem Hut konnte ich nachvollziehen und fand es toll. Es wirkt einfach geschrieben, aber die Sprache fließt so schön. Die Geschichte ist leicht mit einer nicht sofort erkennbaren Wehmut und Schwere. Und es ist einfach nur schön. Ein besseres Wort fällt mir nicht ein. Antoine Laurain schafft mit diesem kleinen Büchlein einen Zauber zu beleben, den man oftmals in Büchern vermisst. Als wäre es ein weit entfernter Gedanke, den man zu greifen versucht aber nicht erreichen kann, unsicher ob es eine vage echte Erinnerung ist oder ein vor langer Zeit geträumter Traum. Und dann ist es einfach da. Ganz klar. Man lächelt. Man fühlt ein warmes, vertrautes Gefühl im Bauch und fühlt sich so entspannt und gelassen, wie schon lang nicht mehr. Vielleicht, weil man das Gefühl hat, man wird verstanden. Vielleicht, weil man sich mal nicht erklären muss.

Es ist egal ob es der Hut ist. Jeder Mensch, der sich in diesem Buch nur ein kleines bisschen wiederfindet, weiß, dass es ein Hut sein kann. Oder ein im Vorbeigehen erhaschtes Lächeln. Eine Geste. Etwas, das einem plötzlich eine Klarheit im Kopf verschafft, die man vorher so nicht kannte. Eine Sicherheit und Ruhe und Kraft. Es kann nicht einfach so da sein. Es war schon immer da, nur man selbst hat es im inneren Chaos nie gefunden. Und wahrscheinlich auch nie wirklich danach gesucht.

Für mich ist der „Der Hut des Präsidenten“ die Überraschung schlechthin. Ein Buch, das ich so nie gelesen hatte und jetzt froh bin, es gelesen zu haben. Definitiv eines meiner Highlights dieses Jahr.

2 Kommentare zu „Laurain, Antoine – Der Hut des Präsidenten

  1. Hey – bei Dir sieht es ja schon wieder anders aus! Ich lese Deine Beiträge sonst im Reader … Über das Buch hatte ich lustigerweise im Auto nach Frankfurt in einem Bericht gehört und es mir auf der Messe am Stand angeschaut. Das möchte ich auch unbedingt noch lesen!

    • Ja, ich wollte mal was verschnörkeltes ausprobieren, wo ich endlich mein heißgeliebtes Lila mit unterbringen konnte 😀
      Ich bin total gespannt, wie Dir das Buch gefällt, wenn Du es liest. Ich war echt so überrascht. Es ist einfach so schön *dahin schmelz*

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